Er galt als Institution,
immer angetrieben von einer sich selbst auferlegten Chronistenpflicht.
Staatsbesuche, Auslandsreisen, Parteitage - wo andere Fotografen hinwollten,
stand er meist schon.
Sein Ziel waren keine steifen
Handshake-Bilder, sondern situative, aussagekräftige Aufnahmen. Auch das
berühmte Foto von Ex-Kanzler Willy Brandt mit dem DDR-Spion Günter Guillaume am
Ohr stammt von Darchinger. Solche Aufnahmen werden auch nach seinem Tod haften
bleiben. Darchinger starb am vergangenen Sonntag im Alter von 87 Jahren in
seiner Heimatstadt Bonn.
Darchinger war immer dicht an
den Politikern, aber stets auch um Distanz bemüht. Ein Fotograf müsse immer
Abstand wahren, dann sehe er mehr, war sein Motto. Viele Politiker kannte er
über Jahrzehnte, und sie öffneten für ihn auch ihre Privaträume.
Für Porträts ließen sie ihn
gewähren, auch weil sie wussten, dass er sie nicht vorführen wollte. «Ich habe
nie jemanden bloßgestellt», hatte er einmal der dpa gesagt. Beim Porträt sei er
«ein schrecklicher Diktator», meinte er 2010 in einem Interview mit der
«Süddeutschen Zeitung». «Wer sich nicht in meine Obhut begeben wollte, der war
nicht mein Mann oder meine Frau.»
Es ging ihm um den Menschen
hinter der Fassade. Dafür rückte er sich kurzerhand auch schon mal
Persönlichkeiten zurecht. Vom Schah von Persien forderte er: «Majestät, mehr
Zähne bitte.»
«Das Auge von Bonn» nannte
ihn das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», für das der Rheinländer unter anderem
tätig war und über die Jahre rund 10 000 Aufnahmen beisteuerte.
Unvergessene private Bilder
schoss er insbesondere von den SPD-Kanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt. Er
hielt fest, als Rut Brandt ihrem Mann für den Bundespresseball 1967 die weiße
Smokingfliege am Hals zurechtrückte. Auch als der damalige sowjetische
Parteichef Leonid Breschnew 1973 innig die Hand von Rut Brandt küsste, drückte
Darchinger auf den Auslöser.
Von Helmut Schmidt allein hat
er fast 40 000 Bilder gemacht. Dazu gehören auch Aufnahmen von Schmidt in
seinem Ferienhaus am Brahmsee und beim Segeln. Ein exklusives Bild gelang ihm,
als der damalige DDR-Staatschef Erich Honecker im Dezember 1981 vom Bahnsteig
in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) Schmidt ans Zugfenster noch ein Hustenbonbon
zum Abschied reichte.
Der 1925 in Bonn geborene
Darchinger war Autodidakt und nannte sich selbst «Fotojournalist», eine eigene
Wortschöpfung für das Finanzamt. Seine erste Kamera, eine gebrauchte Leica IIIc, hatte er einem
Kriegsberichterstatter der Wehrmacht abgekauft.
Leica IIIc
Sein umfangreiches Werk
übergab Darchinger dem Archiv der sozialen Demokratie der SPD-nahen
Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. Das Archiv umfasst rund 1,6 Millionen
Negative, rund 60 000 Positive und 30 000 Dias.
Mit dem Regierungsumzug nach
Berlin 1999 zog sich Darchinger allmählich aus der aktuellen Arbeit weitgehend
zurück. Seine beiden Söhne Frank und Marc sind ihm im Beruf und in eine neue
digitale Welt gefolgt.
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