From [m]ittelhessen
X-, S-, T- UND M-LINIE - Die Produktion
der Kult-Kamera ist Handarbeit
Wetzlar. In dem Raum mit den großen
Glasscheiben herrscht höchste Konzentration. 1000 Lux strahlen von der Decke.
Die Mitarbeiter tragen weiße Kittel, Hauben und Reinraumschuhe. Kein Staubkorn
darf stören. Der riesige Raum ist das Herzstück der Leica Camera AG: Hier
werden täglich 400 Kameras gebaut - in Handarbeit, versteht sich.
Das "I-Tüpfelchen": Auf der letzten Produktionsstation wird das Logo eingesetzt (Foto: Schwartz)
..
70 Mitarbeiter reichen sich in der
Kameramontage in Schichtarbeit auf den unterschiedlichsten Positionen die
Leicas von Hand zu Hand. Die Fertigungsstraßen liegen dicht beieinander, die M-
wird zwischen der S- und der X-Reihe montiert. Ständig wird kontrolliert und
justiert, jeder Griff sitzt. Stimmt eine Einstellung nicht, geht es zurück auf
null, einem Tisch, an dem Fehler repariert werden. Denn bei Leica diktiert
nicht der Akkord das Tempo auf der Fertigungsstraße, sagt Christian Rinker,
Leiter der Kameramontage, "sondern allein die Qualität". Jede Kamera
bekommt einen Laufzettel, jeder Mitarbeiter unterschreibt seinen
Arbeitsschritt. Doch wie baut man eine Leica? Wir begleiten eine M (Typ 240)
vom Anfang bis zum Ende.
Die Sensorlage wird geprüft - sie kann sich während der Montage verändern, was aber nur selten passiert.
(Foto: Schwartz)
Position 1: In einem kleinen
Transportbehälter gehen die einzelnen Kamerakomponenten der M auf die Reise:
eine vormontierte Hülle wahlweise in Schwarz lackiert oder Silber verchromt,
dazu die Platine, der Bodendeckel, die Deckklappe. Die Teile aus dem Werk in
Portugal werden nach der Wareneingangskontrolle digital erfasst, bekommen einen
Code. Rinker: "Damit ist der digitale Fingerabdruck da, jede Kamera ist
mit Nummer im System erfasst." Dann werden die ersten Teile der M von Hand
vorsichtig über das Rollenband weitergeschoben.
Der Sensor wird gereinigt und es wird zu 100 Prozent sichergestellet dass kein Staubpartikel mehr vorhanden ist.
(Foto: Schwartz)
Position 2: Das Sensorboard wird
montiert. Es ersetzt in den digitalen Kameras den Film, der in die analogen
Modelle noch eingelegt werden muss. Rinker: "Das Boardset aus Sensor und
Imageboard macht das Bild." Ist das hochempfindliche Stück eingelegt, wird
es kalibriert und die Kamera erneut gescannt - das Board ist jetzt im System
der Kamera zugeordnet.
Mit einem Pisel wird die Optik gereinigt, Belege am Suchersystem beseitigt und die Deckklappe aufgeschraubt.
(Foto: Schwartz)
Position 3: Nun wird der Sensor
justiert, damit er den richtigen Stand zum Bajonett - hier wird das Objektiv aufgesetzt
- hat. Rinker: "Justieren wir nicht richtig, werden die Bilder
unscharf." Ist richtig justiert, sendet der Computer ein grünes Signal -
die Reise der M kann weitergehen.
Die M wird "angezogen". Die Kamera wird mit einem Leder dass bei Leica gestanzt wird versehen.
(Foto: Schwartz)
Position 4: Hauptkörper, Rückschale
und Imageboard werden zusammengebaut, die M nimmt langsam Gestalt an.
Endkontrolle: Die M kommt noch einmal auf den Prüfstand, dann unterschreibt der Mitarbeiter das Handwerkszertifikat. (Foto: Schwartz)
Position 5: Mit einem feinen Pinsel
wird die Optik gereinigt, Belege an Okular und Suchersystem werden beseitigt,
dann wird die Deckkappe aufgeschraubt. Die M ist erkennbar!
Hier geht es los: Bei der Wareneingangskontrolle werden alle Kamerateile digital erfasst.
Dann geht die M auf dem Rollband auf die Reise. (Foto: Schwartz)
Position 6: Per Computer wird die
entsprechende Firmware aufgespielt. Jede Kamera hat ihre eigene Software. Die M
bekommt also Leben eingehaucht.
"Es passt wunderbar". Christian Rinker.
(Foto: Schwartz)
Position 7: Der Verschluss und die
USB-Schnittstelle kommen auf den Prüfstand. Sechs Minuten lang probiert die
Mitarbeiterin alle Funktionen der neuen M durch. Rinker: "Wir verlassen
uns nicht nur auf die elektronischen Prüfsysteme, sondern vor allem auf das
menschliche Auge." Anschließend werden die Verschlusszeiten elektronisch
abgeglichen und die Mitarbeiterin drückt auf den Auslöser: Die neue M macht ihr
erstes Foto.
Das Leder, mit dem die "M"
angezogen wird, stanzt Leica selbst
Position 8: Der mechanische Aufbau
des Entfernungsmessers wird unter die Lupe genommen. Denn: Die digitale Leica
kommt ohne Autofokus aus und arbeitet stattdessen mit einem mechanischen
Entfernungsmesser. "Die Kamera muss sofort erkennen, an welcher Position
das Objektiv steht", erklärt Rinker. Das Objektiv muss in beide Richtungen
spielfrei funktionieren. Das Sahnehäubchen in der Kameramontage dauert zwischen
sechs und zwölf Minuten. Der Mitarbeiter auf dieser Position ist - wie alle
Mitarbeiter der Montagelinie - angegurtet, also geerdet, um die feine Technik
der Kamera vor einer erhöhten Stromdosis durch elektrostatische Ladung zu
schützen.
Position 9: Die M wird in eine
schalldichte Prüfkabine mit speziellen geometrischen Formen geschraubt und ihr
Mikrofon getestet. Besteht sie den Audiotest, kann es bei der Videofunktion
beruhigt heißen: Ton ab!
Position 10: Die M wird zum Beledern
vorbereitet und abgedichtet, um sie vor Spritzwasser zu schützen.
Position 11: Bleibt der Sensor in der
Toleranz? Die M wird in alle Richtungen gedreht und der Sensor mit Wasserwaage
richtig positioniert.
Position 12: Die Sensorlage wird
geprüft. Rinker: "Hier sehen wir, ob sich während der Montage die Lage des
Sensors verändert hat." Das ist laut Montageleiter nur selten der Fall -
im Schnitt einmal die Woche.
Position 13: Endspurt: Die M wird
"angezogen". Zuerst wird das Gehäuse mit Alkohol gereinigt, dann das
Leder, das bei Leica selbst gestanzt wird, von Hand auf die Kamera geklebt.
Position 14: Endreinigung: Um
eventuelle Schmutzpartikel zu entfernen, wird der Sensor der M unter einer
sogenannten Laminar Flow Box gereinigt. Die Box funktioniert wie eine Luftschleuse,
es gelangen keine Staubpartikel hinein, alte Partikel dagegen werden
hinausgeblasen. Rinker: "Wir stellen hier zu 100 Prozent sicher, dass alle
Sensoren, die die Montage verlassen, sauber sind. Die Sauberkeit wird durch
eine softwaregesteuerte automatische Schmutzerkennung sichergestellt. Wer an
diesem Platz sitzt, muss sehr gute Nerven und Geduld haben."
Position 15: Alle Äußerlichkeiten
kommen jetzt noch einmal auf den Prüfstand: das Fenster, der Bajonettring, das
Display, die Einstellungen. Stimmt alles, unterschreibt der Mitarbeiter das
Qualitätszertifikat, das mit jeder Kamera ausgeliefert wird. Und dann? Na klar,
das Logo. Der kleine rote Punkt wird von Hand ausgerichtet und aufgeklebt. Die
M ist fertig.
Der Mann der Montage
"Die Herausforderung nehme ich
an!" Mit diesem Satz trat der gebürtige Aßlarer Christian Rinker im
September 2010 seinen Job in der Montageabteilung bei Leica an. "Montage
war immer schon ein Steckpferd von mir", sagt Rinker und startete in der
Objektivmontage durch: Innerhalb der ersten zwei Jahre erhöhte er die Menge der
montierten M-Objektive um 45 Prozent. Inzwischen ist Rinker Leiter der Montage
(Kameras, Objektive und Sportoptik) sowie stellvertretender Werksleiter.
"Es passt wunderbar. Hier bin ich angekommen!"
Ich werde Leica bald in Wetzlar besuchen um mir die ganze Geschichte selbst anzusehen.
ReplyDeleteDas ist eine Fertigungsweise die bei Massenproduktion einfach unmöglich ist. Diese fertigungsweise ist auch der Grund weil Leica erheblich engere Toleranzen als die Konkurenz anwenden kann. Wie sie im Englischen sage, "You get what you pay for".
ReplyDeleteGebaut? Montiert wohl eher. Die meisten vorgefertigten ("Toleranz") Einzelmodule kommen wie oben erwähnt aus Portugal, wo Leica damals nicht umsonst Uhrmacher Feinmechaniker übernommen hat. Die eigentlichen Kosten einer Fertigung unter engsten Toleranzen sind dadurch niedrig gehalten worden. Die Marke konnte dadurch überleben und den Namen weiter "Deutsch" halten. Die Montage in Deutschland dient dem Mythos. Kein Mensch kauft ein "bestes" Produkt aus Made In Portugal, wo liegt das denn überhaupt? "Made in Canada" war schon nicht wirklich optimal aus Marketingsicht. Und "Designed in Germany" würde ebenso nicht ausreichen. Allerdings würde auch keiner gerne 20.000 EUR für eine Standard-M ausgeben wollen.
ReplyDeleteMontage an Stelle von bauen in Deutschland mag sich vielleicht bei der Fertigung von mechanischen Teilen anwenden lassen, die optischen Teile aller Objektive hingegen werden vollkommen in Deutschland hergestellt und verdienen daher durchaus den "made In Germany" Titel.
Delete