Tuesday, June 24, 2014

SO WIRD DIE LEICA GEBAUT



From [m]ittelhessen

X-, S-, T- UND M-LINIE - Die Produktion der Kult-Kamera ist Handarbeit

Wetzlar. In dem Raum mit den großen Glasscheiben herrscht höchste Konzentration. 1000 Lux strahlen von der Decke. Die Mitarbeiter tragen weiße Kittel, Hauben und Reinraumschuhe. Kein Staubkorn darf stören. Der riesige Raum ist das Herzstück der Leica Camera AG: Hier werden täglich 400 Kameras gebaut - in Handarbeit, versteht sich.

<p>Das "I-Tüpfelchen": Auf der letzten Produktionsstation wird das Logo eingesetzt. (Foto: Schwarz)</p>
Das "I-Tüpfelchen": Auf der letzten Produktionsstation wird das Logo eingesetzt  (Foto: Schwartz)
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70 Mitarbeiter reichen sich in der Kameramontage in Schichtarbeit auf den unterschiedlichsten Positionen die Leicas von Hand zu Hand. Die Fertigungsstraßen liegen dicht beieinander, die M- wird zwischen der S- und der X-Reihe montiert. Ständig wird kontrolliert und justiert, jeder Griff sitzt. Stimmt eine Einstellung nicht, geht es zurück auf null, einem Tisch, an dem Fehler repariert werden. Denn bei Leica diktiert nicht der Akkord das Tempo auf der Fertigungsstraße, sagt Christian Rinker, Leiter der Kameramontage, "sondern allein die Qualität". Jede Kamera bekommt einen Laufzettel, jeder Mitarbeiter unterschreibt seinen Arbeitsschritt. Doch wie baut man eine Leica? Wir begleiten eine M (Typ 240) vom Anfang bis zum Ende.

<p>Die Sensorlage wird geprüft - sie kann sich während der Montage verändern, was aber nur selten passiert. (Foto: Schwarz)</p>
Die Sensorlage wird geprüft - sie kann sich während der Montage verändern, was aber nur selten passiert.
  (Foto: Schwartz)

Position 1: In einem kleinen Transportbehälter gehen die einzelnen Kamerakomponenten der M auf die Reise: eine vormontierte Hülle wahlweise in Schwarz lackiert oder Silber verchromt, dazu die Platine, der Bodendeckel, die Deckklappe. Die Teile aus dem Werk in Portugal werden nach der Wareneingangskontrolle digital erfasst, bekommen einen Code. Rinker: "Damit ist der digitale Fingerabdruck da, jede Kamera ist mit Nummer im System erfasst." Dann werden die ersten Teile der M von Hand vorsichtig über das Rollenband weitergeschoben.

<p>Der Sensor wird gereinigt und es wird zu 100 Prozent sichergesttellt, dass kein Staubpartikel mehr vorhanden ist. (Foto: Schwarz)</p>
Der Sensor wird gereinigt und es wird zu 100 Prozent sichergestellet dass kein Staubpartikel mehr vorhanden ist.
(Foto: Schwartz)

Position 2: Das Sensorboard wird montiert. Es ersetzt in den digitalen Kameras den Film, der in die analogen Modelle noch eingelegt werden muss. Rinker: "Das Boardset aus Sensor und Imageboard macht das Bild." Ist das hochempfindliche Stück eingelegt, wird es kalibriert und die Kamera erneut gescannt - das Board ist jetzt im System der Kamera zugeordnet.

<p>Mit einem Pinsel wird die Optik gereinigt, Belege am Suchersystem beseitigt und die Deckkappe aufgeschraubt. (Foto: Schwarz)</p>
Mit einem Pisel wird die Optik gereinigt, Belege am Suchersystem beseitigt und die Deckklappe aufgeschraubt.
(Foto: Schwartz)

Position 3: Nun wird der Sensor justiert, damit er den richtigen Stand zum Bajonett - hier wird das Objektiv aufgesetzt - hat. Rinker: "Justieren wir nicht richtig, werden die Bilder unscharf." Ist richtig justiert, sendet der Computer ein grünes Signal - die Reise der M kann weitergehen.

<p>Die M wird "angezogen": Die Kamera wird mit einem Leder, dass bei Leica gestanzt wird, versehen. (Foto: Schwarz)</p>
Die M wird "angezogen".  Die Kamera wird mit einem Leder dass bei Leica gestanzt wird versehen.
(Foto: Schwartz)

Position 4: Hauptkörper, Rückschale und Imageboard werden zusammengebaut, die M nimmt langsam Gestalt an.

<p>Endkontrolle: Die M kommt noch einmal auf den Prüfstand, dann unterschreibt der Mitarbeiter das Handwerkszertifikat. (Foto: Schwarz)</p>
Endkontrolle: Die M kommt noch einmal auf den Prüfstand, dann unterschreibt der Mitarbeiter das Handwerkszertifikat.  (Foto: Schwartz)

Position 5: Mit einem feinen Pinsel wird die Optik gereinigt, Belege an Okular und Suchersystem werden beseitigt, dann wird die Deckkappe aufgeschraubt. Die M ist erkennbar!

<p>Hier geht es los: Bei der Wareneingangskontrolle werden alle Kamerateile digital erfasst. Dann geht die M auf dem Rollband auf die Reise. (Foto: Schwarz)</p>
Hier geht es los: Bei der Wareneingangskontrolle werden alle Kamerateile digital erfasst.
Dann geht die M auf dem Rollband auf die Reise.  (Foto: Schwartz)

Position 6: Per Computer wird die entsprechende Firmware aufgespielt. Jede Kamera hat ihre eigene Software. Die M bekommt also Leben eingehaucht.

<p>"Es passt wunderbar": Christian Rinker. (Foto: Schwarz)</p>
"Es passt wunderbar".  Christian Rinker.
(Foto: Schwartz)

Position 7: Der Verschluss und die USB-Schnittstelle kommen auf den Prüfstand. Sechs Minuten lang probiert die Mitarbeiterin alle Funktionen der neuen M durch. Rinker: "Wir verlassen uns nicht nur auf die elektronischen Prüfsysteme, sondern vor allem auf das menschliche Auge." Anschließend werden die Verschlusszeiten elektronisch abgeglichen und die Mitarbeiterin drückt auf den Auslöser: Die neue M macht ihr erstes Foto.

Das Leder, mit dem die "M" angezogen wird, stanzt Leica selbst

Position 8: Der mechanische Aufbau des Entfernungsmessers wird unter die Lupe genommen. Denn: Die digitale Leica kommt ohne Autofokus aus und arbeitet stattdessen mit einem mechanischen Entfernungsmesser. "Die Kamera muss sofort erkennen, an welcher Position das Objektiv steht", erklärt Rinker. Das Objektiv muss in beide Richtungen spielfrei funktionieren. Das Sahnehäubchen in der Kameramontage dauert zwischen sechs und zwölf Minuten. Der Mitarbeiter auf dieser Position ist - wie alle Mitarbeiter der Montagelinie - angegurtet, also geerdet, um die feine Technik der Kamera vor einer erhöhten Stromdosis durch elektrostatische Ladung zu schützen.

Position 9: Die M wird in eine schalldichte Prüfkabine mit speziellen geometrischen Formen geschraubt und ihr Mikrofon getestet. Besteht sie den Audiotest, kann es bei der Videofunktion beruhigt heißen: Ton ab!

Position 10: Die M wird zum Beledern vorbereitet und abgedichtet, um sie vor Spritzwasser zu schützen.

Position 11: Bleibt der Sensor in der Toleranz? Die M wird in alle Richtungen gedreht und der Sensor mit Wasserwaage richtig positioniert.

Position 12: Die Sensorlage wird geprüft. Rinker: "Hier sehen wir, ob sich während der Montage die Lage des Sensors verändert hat." Das ist laut Montageleiter nur selten der Fall - im Schnitt einmal die Woche.

Position 13: Endspurt: Die M wird "angezogen". Zuerst wird das Gehäuse mit Alkohol gereinigt, dann das Leder, das bei Leica selbst gestanzt wird, von Hand auf die Kamera geklebt.

Position 14: Endreinigung: Um eventuelle Schmutzpartikel zu entfernen, wird der Sensor der M unter einer sogenannten Laminar Flow Box gereinigt. Die Box funktioniert wie eine Luftschleuse, es gelangen keine Staubpartikel hinein, alte Partikel dagegen werden hinausgeblasen. Rinker: "Wir stellen hier zu 100 Prozent sicher, dass alle Sensoren, die die Montage verlassen, sauber sind. Die Sauberkeit wird durch eine softwaregesteuerte automatische Schmutzerkennung sichergestellt. Wer an diesem Platz sitzt, muss sehr gute Nerven und Geduld haben."

Position 15: Alle Äußerlichkeiten kommen jetzt noch einmal auf den Prüfstand: das Fenster, der Bajonettring, das Display, die Einstellungen. Stimmt alles, unterschreibt der Mitarbeiter das Qualitätszertifikat, das mit jeder Kamera ausgeliefert wird. Und dann? Na klar, das Logo. Der kleine rote Punkt wird von Hand ausgerichtet und aufgeklebt. Die M ist fertig.



Der Mann der Montage


"Die Herausforderung nehme ich an!" Mit diesem Satz trat der gebürtige Aßlarer Christian Rinker im September 2010 seinen Job in der Montageabteilung bei Leica an. "Montage war immer schon ein Steckpferd von mir", sagt Rinker und startete in der Objektivmontage durch: Innerhalb der ersten zwei Jahre erhöhte er die Menge der montierten M-Objektive um 45 Prozent. Inzwischen ist Rinker Leiter der Montage (Kameras, Objektive und Sportoptik) sowie stellvertretender Werksleiter. "Es passt wunderbar. Hier bin ich angekommen!"



4 comments:

  1. Ich werde Leica bald in Wetzlar besuchen um mir die ganze Geschichte selbst anzusehen.

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  2. Das ist eine Fertigungsweise die bei Massenproduktion einfach unmöglich ist. Diese fertigungsweise ist auch der Grund weil Leica erheblich engere Toleranzen als die Konkurenz anwenden kann. Wie sie im Englischen sage, "You get what you pay for".

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  3. Gebaut? Montiert wohl eher. Die meisten vorgefertigten ("Toleranz") Einzelmodule kommen wie oben erwähnt aus Portugal, wo Leica damals nicht umsonst Uhrmacher Feinmechaniker übernommen hat. Die eigentlichen Kosten einer Fertigung unter engsten Toleranzen sind dadurch niedrig gehalten worden. Die Marke konnte dadurch überleben und den Namen weiter "Deutsch" halten. Die Montage in Deutschland dient dem Mythos. Kein Mensch kauft ein "bestes" Produkt aus Made In Portugal, wo liegt das denn überhaupt? "Made in Canada" war schon nicht wirklich optimal aus Marketingsicht. Und "Designed in Germany" würde ebenso nicht ausreichen. Allerdings würde auch keiner gerne 20.000 EUR für eine Standard-M ausgeben wollen.

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    1. Montage an Stelle von bauen in Deutschland mag sich vielleicht bei der Fertigung von mechanischen Teilen anwenden lassen, die optischen Teile aller Objektive hingegen werden vollkommen in Deutschland hergestellt und verdienen daher durchaus den "made In Germany" Titel.

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